Über ein Jahr nach Abzug der internationalen Truppen und Einnahme Kabuls durch die Taliban startet nun das lang erwartete Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan. Damit setzen wir ein wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag endlich in die Tat um.
Gerade angesichts der drastischen Einschränkungen der Rechte von Mädchen, Frauen und marginalisierter Gruppen sowie zunehmender tödlicher Gewalt der Taliban, schaffen wir so sicherere Fluchtwege. Afghan*innen, die aufgrund ihrer Tätigkeit bedroht sind, wie Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen oder Richter*innen, und vulnerable Personen wie gefährdete Frauen und LGBTIQ-Personen bekommen mit dem Programm die Möglichkeit einer Aufnahme in Deutschland.
Die genaue Ausgestaltung des Bundesaufnahmeprogramms wurde in den vergangenen Monaten von den zuständigen Ministerien gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Organisationen erarbeitet. Uns war es ein wichtiges Anliegen, dass gerade auch die Expertise und die vielfältigen Perspektiven aus der Praxis eingebracht werden konnten und die zivilgesellschaftlichen Organisationen auch weiterhin eng an dem Prozess beteiligt sind.
Ein größerer Umfang des Aufnahmeprogramms wäre wünschenswert gewesen. Besonders kritisch sehen wir, dass gefährdete Personen, die es bereits in die Nachbarländer Iran oder Pakistan geschafft haben, nicht vom Aufnahmeprogramm berücksichtigt werden. Das wird der hohen Gefährdung dieser Menschen nicht gerecht. Das Bundesaufnahmeprogramm startet nun schrittweise. Erst nach der Bearbeitung von bereits vorliegenden Fällen sollen in der Folge Registrierungen von neuen Fällen über meldeberechtigte Stellen, unterstützt durch eine zentrale Koordinierungsstelle, ermöglicht werden.
Es zählt jede einzelne Person, die aus Afghanistan aufgenommen werden kann und eine Aussicht auf ein Leben in Sicherheit und Freiheit erhält. Jetzt kommt es auf eine gute, schnelle und pragmatische Umsetzung des Programms an. Daran wollen wir gemeinsam arbeiten. Es ist uns bewusst, dass dies keine leichte Aufgabe ist. Die Herausforderungen sind groß und mitunter wird sich die Umsetzung an verschiedenen Stellen schwierig gestalten.
In Ergänzung zum Bundesaufnahmeprogramm sollte das Innenministerium nun auch das notwendige Einvernehmen zu Aufnahmeprogrammen der Bundesländer bekannt geben, sodass Afghan*innen in Deutschland eine weitere Möglichkeit bekommen, um ihre Familienangehörigen nachzuholen.
17.10.2022
Das humanitäre Aufnahmeprogramm für Afghanistan startet
Zum Start des Bundesaufnahmeprogramms für besonders gefährdete Menschen aus Afghanistan erklären Julian Pahlke, Mitglied im Ausschuss für Inneres und Heimat, und Schahina Gambir, Obfrau in der Enquete-Kommission „Lehren aus Afghanistan für das künftige vernetzte Engagement Deutschlands“: