„Es ist ein Skandal, dass diese Bundesregierung sehenden Auges Menschen in Lebensgefahr lässt, deren Schutzbedürftigkeit bereits festgestellt wurde. Die ausgesprochene Aufnahmezusagen über das Bundesaufnahmeprogramm sind rechtlich bindend. Ein weiteres Aufschieben der Aufnahmen ist verantwortungslos und zeugt erneut von einem besorgniserregenden Verständnis des Bundesinnenministers mit Blick auf unseren Rechtsstaat.
In Islamabad warten 2.384 gefährdete Afghan*innen, in extrem prekären Lebensumständen, darauf in Sicherheit gebracht zu werden. Die Bundesregierung muss sofort die Wiederaufnahme der Ausreisen aufnehmen. Die bisherigen Widerrufszahlen sind verschwindend gering, bisher wurden nur 3 Widerrufe eingeleitet. Stattdessen verweist die Bundesregierung auf eine nicht enden wollende Prüfung. Das ist unverhältnismäßig.
Die Bundesregierung hat angekündigt Fälle, mit einer Aufnahmezusage, erneut prüfen zu wollen. Sie bleibt aber die Entscheidung schuldig, welche Behörde mit der Prüfung beginnt. Der Bundesinnenminister und der Außenminister müssen sich endlich über das Verfahren einigen. Dieses Spiel auf Zeit entlarvt, dass die Forderung im Koalitionsvertrag alle freiwilligen Aufnahmeprogramme beenden zu wollen, lediglich eine populistische Forderung der Union ist. Sie hat offensichtlich keinen Plan, wie sie diese Forderung rechtlich wasserdicht umsetzen kann.
Die Bundesregierung ist sich der katastrophalen und menschenverachtenden Lage in Afghanistan für Frauen und Mädchen sowie der LGBTIQ+-Community und Minderheiten bewusst. Sie fordert die Taliban auf internationaler Bühne zur Achtung der Menschenrechte ein, verweigert dann aber im entscheidenden Moment denjenigen Schutz, die sich genau für diese Werte eingesetzt haben bzw. unter dem Schutz der Menschenrechtskonvention stehen. Sie verliert so jede Glaubwürdigkeit und verrät unsere humanitären Grundwerte.“