Zur katastrophalen Lage in Afghanistan und zur angespannten Situation an der pakistanisch-afghanischen Grenze erklärt Gambir: „Afghanistan und die Region aus den Augen zu verlieren, wäre ein verheerendes Zeichen für all die Afghan*innen, die wir zurückgelassen haben und die nun unter der Gewaltherrschaft der Taliban leiden.“ „Meine Gespräche mit pakistanischem Politiker*innen, Menschen aus der Zivilgesellschaft und Wissenschaftler*innen haben sehr deutlich gemacht, dass es aber auch geo- und sicherheitspolitisch unverantwortlich wäre“, so die Außenpolitikerin weiter, „denn das Vakuum, das die NATO-Staaten mit ihrem plötzlichen Abzug aus Afghanistan 2021 hinterlassen haben, füllen nun Russland, China und Iran. Der Konflikt zwischen Pakistan und Afghanistan ist ein Brandherd, der sich leicht zu einem Flächenbrand ausbreiten könnte, wenn wir ihn nicht genau beobachten und ernst nehmen.“
Innenpolitisch ist die Lage in Pakistan explosiv. Die Gesellschaft ist polarisiert, die Stimmung im Land konfrontativ. „Als enger Partner Deutschlands bei der Durchführung des Bundesaufnahmeprogramms für afghanische Geflüchtete und Atommacht in stetigem Konflikt mit dem aufstrebenden Nachbarland Indien, haben wir ein großes Interesse daran, dass Ruhe in Pakistan einkehrt und sich die wirtschaftliche Situation für die Pakistanis stabilisiert“, so Gambir. „Dabei müssen wir im Umgang miteinander aber auch ehrlich sein. Rückschritte bei menschenrechtlichen Themen wie der Religionsfreiheit und bei LGBTQI*-Rechten können wir nicht akzeptieren. Am Umgang mit diesen Themen und der vorherrschenden Inflation und Instabilität im Land, wird sich die neu gewählte Regierung messen lassen müssen“, erklärt Gambir.
Auf der Rückreise nach Deutschland machte die grüne Bundestagsabgeordnete noch einen Halt in Katar um Gespräche mit internationalen Partner*innen und dem Sondergesandten des katarischen Außenministers für Afghanistan zu führen. Die katarische Regierung fungiert immer wieder als Vermittler zwischen den Taliban und westlichen Diplomat*innen. Zudem haben viele westliche Regierungen in Doha Vermittlungsbüros eingerichtet, um gesprächsbereit zu sein, ohne die Taliban anzuerkennen. „Nachhaltige und zügige Hilfe für die Menschen in Afghanistan können wir nur gemeinsam mit unseren internationalen Partner*innen schaffen. Dazu brauchen wir einen engen und ehrlichen Dialog, in dem auch Kritik und Meinungsverschiedenheiten Platz haben“, so Gambir. „Während unseres 20-jährigen Engagements in Afghanistan gab es keine gemeinsame Strategie, aus diesem Fehler müssen wir lernen. Das können wir uns als internationale Gemeinschaft nicht leisten“, fordert Gambir.